Zwischen Kaiserhof und Römischer Kurie: Joachim Bouvets Werk Tianxue benyi 天學本義

Eine Buchpräsentation von Apl. Prof. Claudia von Collani

am 12.10.2023, 19 Uhr, Aula des Missionspriesterseminars, Sankt Augustin


Zwischen Kaiserhof und Römischer KurieDer Übergang vom 17. zum 18. Jahrhundert brachte eine Wende in der frühneuzeitlichen Chinamission. Während zuvor im Zuge der jesuitischen Akkommodationsmethode religiöse westliche Texte für die chinesischen Christen übersetzt oder apologetische Schriften gegen die Missionsmethode anderer Orden verfasst wurden, verlagerte sich im 18. Jahrhundert der Fokus der Jesuiten an den Hof des Kaisers Kangxi mit seinen chinesischen und manjurischen Höflingen. In diesem Kontext muss Joachim Bouvets (1656–1730) Schrift Tianxue benyi (Der ursprüngliche Sinn der Himmelslehre) gesehen werden. Sie folgt zwar noch der klassischen Akkommodation, die sich auf den religiösen Gehalt antiker chinesischer Texte und ihren Gottesglauben bezieht, gleichzeitig aber benutzte Bouvet auch zeitgenössische chinesische Texte und „Interviews“ von hochrangigen Chinesen und Manjus zur theologischen Auslegung.

Die verschiedenen Versionen des Tianxue benyi wurden von Kangxi kritisch begleitet. Er ließ das Werk ins Lateinische übersetzen, um dem päpstlichen Legaten Charles-Thomas Maillard de Tournon während seines Aufenthalts in China die Vereinbarkeit von Christentum und Konfuzianismus zu veranschaulichen – eine der zentralen Fragen des Ritenstreits. Zwar wurde Bouvets Opus nie gedruckt und sein Einfluss auf Chinesen und Manjus lässt sich nur schwer abschätzen, jedoch zeigen die verschiedenen Manuskriptversionen die Entwicklung von Bouvets Theologie, die letztendlich in den Figurismus mündete.

Apl. Prof. Dr. Claudia von Collani ist katholische Theologin. Ihr Spezialgebiet ist die Missionsgeschichte Ostasiens der frühen Neuzeit, v.a. der chinesische Ritenstreit, Inkulturation, Missionstheologie, kultureller und wissenschaftlicher Austausch zwischen Europa und Ostasien, sowie der chinesische Figurismus. Sie hat an verschiedenen internationalen Forschungsprojekten mitgewirkt, so über den Einfluss Ostasiens auf das deutsche Schultheater der Jesuiten, zu den Acta Pekinensia, zur ersten Übersetzung des Daodejing in eine europäische Sprache sowie am Projekt der Mission der Franziskanerprovinz Saxonia. Sie war Research Fellow am International Consortium for Research in Humanities: Fate, Freedom, and Prognostication der Universität Erlangen. Sie ist Autorin bzw. Co-Autorin von 11 Büchern und fast 150 Artikeln. Ihr jüngstes Buch Der ursprüngliche Sinn der Himmelslehre (Tianxue benyi): Joachim Bouvets (1656–1730) frühe Missionstheologie in China. Analyse, Transkription und Übersetzung der lateinischen Fassungen, wurde 2022 vom Institut Monumenta Serica herausgegeben.