26.09.2003
- Zu einem sinologischen Symposium zum Thema "Scholarly Dialogue on China: Monumenta Serica as Example" luden im September das Monumenta Serica Sinological Research Center (MSSRC) am College of Foreign Languages and Literature der Katholischen Fu-Jen-Universität in Taipei (Taiwan) in Zusammenarbeit mit dem Institut Monumenta Serica (Sankt Augustin) ein. 26—27 September 2003
Zu einem sinologischen Symposium zum Thema "Scholarly Dialogue on China: Monumenta Serica as Example" luden im September das Monumenta Serica Sinological Research Center (MSSRC) am College of Foreign Languages and Literature der Katholischen Fu-Jen-Universität in Taipei (Taiwan) in Zusammenarbeit mit dem Institut Monumenta Serica (Sankt Augustin) ein. Federführend bei der Vorbereitung waren ZBIGNIEW WESOŁOWSKI SVD, Direktor des MSSRC, NICHOLAS KOSS OSB, Dekan des College of Foreign Languages and Literature, und ROMAN MALEK SVD, Chefredakteur von Monumenta Serica. Die Konferenz fand am 26. und 27. September 2003 im Bailian-Theater der Fu-Jen-Universität statt. Das Symposium sollte einer Vertiefung des akademischen Austausches zwischen westlichen und taiwanesischen Sinologen dienen. Bei der feierlichen Eröffnung sprachen der Präsident der Fu-Jen-Universität JOHN NING-YUEAN LEE, der Erzbischof von Taipei TI KANG und einer der Vizerektoren der Universität, MATTHIAS CHRISTIAN SVD, Grußworte. NICHOLAS KOSS OSB sowie ZBIGNIEW WESOŁOWSKI SVD erläuterten in ihren Einführungen zu dem Symposium die Aufgaben des im August 2002 gegründeten MSSRC.
Der erste Vortrag von MIROSLAV KOLLÁR SVD (Institut Monumenta Serica, Sankt Augustin), "P. FRANZ XAVER BIALLAS SVD (1878—1936), Gründer der Monumenta Serica - sein Leben und Werk", befaßte sich detailliert mit dem Werdegang dieses China-Missionars und Sinologen sowie mit seinem Anliegen, die wissenschaftliche Beschäftigung mit China in den Evangelisierungsprozeß in China einzubringen. Die Krönung seiner Bemühungen war die von ihm initiierte Gründung der sinologischen Zeitschrift Monumenta Serica an der Katholischen Fu-Jen-Universität in Peking 1935. Leider konnte er durch seinen plötzlichen Tod aufgrund einer Flecktyphus-Infektion nur noch die ersten zwei Teilbände als Herausgeber betreuen. Der folgende Vortrag von BARBARA HOSTER (Institut Monumenta Serica, Sankt Augustin), "The Contribution of Monumenta Serica and Its Institute to Western Sinology", zeigte einige charakteristische Merkmale der Zeitschrift in ihrer Anfangsphase auf: die enge Zusammenarbeit von westlichen und chinesischen Gelehrten bei der Herausgabe und Redaktion, die Betonung des interkulturellen Austausches bei der Auswahl der Themen und die missionarische Dimension der Zeitschrift, deren akademisches Niveau der katholischen Mission in China die Anerkennung der chinesischen Gelehrten gewinnen sollte. Anhand von ausgewählten Artikeln aus der Zeitschrift und Werken aus der Buchreihe "Monumenta Serica Monograph Series" wurde der Beitrag des Instituts zur Sinologie und zur Erforschung des Christentums in China gewürdigt.
Die zweite Sektion des Symposiums war der westlichen Sinologie gewidmet: BERNARD FÜHRER (School of Oriental and African Studies, London) bot in seinem Vortrag "Reflections on the Current Situation of Sinology in Europe" eine eher pessimistische Sicht der europäischen Sinologie, die sich durch zunehmende wirtschaftliche Zwänge, eine im Vergleich zu anderen akademischen Disziplinen häufig noch ungenügende wissenschaftliche Methodik und Theorie sowie durch den Pragmatismus in der Hochschulpolitik, dem die klassische Sinologie mehr und mehr zum Opfer fällt, auszeichnet. Als positiven Trend in der europäischen Sinologie vermerkte FÜHRER die zunehmende Internationalisierung der Disziplin, die die Grenzen von nationalen "Schulen" in der sinologischen Forschung längst gesprengt hat. PAUL RULE (La Trobe University, Melbourne) gab in seinem Vortrag "From Missionary Hagiography to the History of Chinese Christianity" einen Überblick über die Entwicklung der Erforschung des Christentums in China in den letzten dreißig Jahren: von einem in der Sinologie sehr marginalisierten Forschungsthema, das hauptsächlich von Missionaren mit hagiographischen Absichten betrieben wurde, die kein Interesse am chinesischen Kontext zeigten, zu einem Gebiet im main stream der internationalen Sinologie, das sich durch einen China-zentrierten Forschungsansatz auszeichnet und das Christentum in die lokale Kultur einbettet. Diese Entwicklung wurde durch die Tätigkeit verschiedener Forschungszentren, durch Konferenzen zu großen China-Missionaren und die Publikation von wichtigen Dokumenten und bibliographischen Hilfsmitteln ermöglicht und beschleunigt.
In der nächsten Sektion gab es ein Panel von Sinologen, die an der Fu-Jen tätig sind und ihre Forschungsthemen vorstellten: SHAO TAI-HSIN, "China's Foreign Relations: Discussion with Special Reference to the Han, Wei-Jin, Southern and Northern and Tang Dynasties (206 B.C. - A.D. 907)"; ANTONELLA TULLI, "Research on Sino-Manchu Mixed Popular Literature during Qing Dynasty (1644-1911)"; CHEN FULL-BEING [CHEN FU-PIN], "Chinese Philosophy: Confucianism and Daoism during Han Dynasty (206 B.C. - A.D. 220); PAULINO BELAMIDE, "Some Aspects in Research on Daoism"; CHEN FANGCHUNG, "Trends in the Research of Catholicism in China".
LIU HSIEN-SHU (Center for Chinese Studies, Taipei) stellte in seinem Vortrag die Arbeit des Center for Chinese Studies und die historische Entwicklung und aktuelle Situation der Sinologie in Taiwan vor. Das Zentrum, das 1981 unter den Auspizien des taiwanesischen Erziehungsministeriums gegründet wurde, dient der Förderung der sinologischen Forschung in Taiwan und der Stärkung der Zusammenarbeit von heimischer und internationaler Sinologie. In diesem Zusammenhang hat des Zentrum eine rege Publikationstätigkeit entfaltet (u.a. die Herausgabe des Newsletter of the Center for Chinese Studies), bietet ausländischen Wissenschaftlern Forschungsstipendien in dem hervorragend ausgestatteten, an der Nationalbibliothek in Taipei angesiedelten Zentrum und organisiert internationale Konferenzen zu sinologischen Themen.
Die letzte Sektion des Symposiums war der sinologischen Forschung in Taiwan von kirchlicher Seite gewidmet. PETER CHEN-MAIN WANG (National Chung Cheng University, Chiayi) untersuchte in seinem Vortrag "The Protestant Church in Taiwan and Research in Chinese Studies - Retrospection and Outlook" zunächst die Gründe dafür, warum die protestantischen Kirchen in Taiwan, im Gegensatz zur katholischen Kirche, bis zum heutigen Tag über keine institutionalisierte China-Forschung verfügen. Dann gab er einen Überblick über die Quellenlage zur Erforschung des Christentums und der protestantischen Kirchen in Taiwan und stellte einige neugegründete Forschungszentren an protestantischen Seminaren und universitäre Studiengänge für Religionswissenschaft vor.
BENOÎT VERMANDER SJ beleuchtete in seinem Vortrag "The Catholic Church and Chinese Studies in Taiwan: the Contribution of the Taipei Ricci Institute" die Problematik der sinologischen Forschung aus der katholischen Perspektive. Er gab einen Abriß der Geschichte und Publikationstätigkeit des 1966 in Taipei von französischen Jesuiten gegründeten Ricci Institute, Center for Chinese Studies (in Abgrenzung zu seinen Schwesterinstituten in Paris, San Francisco und Macau kurz Taipei Ricci Institute genannt). Als herausragendes sinologisches Forschungsprojekt stellte Vermander die Kompilation und Herausgabe des Dictionnaire Ricci de la Langue Chinoise (kurz Grand Ricci) vor, ein Lexikon der chinesischen Sprache in sieben Bänden, das in den 1950er Jahren begonnen wurde und schließlich 2001 erschien. Die Abschlußworte des Symposiums sprachen SŁAWOMIR RAKUS SVD, Direktor des Instituts Monumenta Serica, NICHOLAS KOSS OSB und ZBIGNIEW WESOŁOWSKI SVD. Dieses erste internationale sinologische Symposium, das an der Fu-Jen-Universität stattfand, wurde von allen Beteiligten als ein erfolgreicher Beginn eines intensiveren Austausches zu sinologischen Fragestellungen angesehen. Die Publikation der Tagungsbeiträge sowie regelmäßige Folgekonferenzen sind geplant.