HU QIUHUA

Konfuzianisches Ethos und westliche Wissenschaft

Wang Guowei (1877–1927) und das Ringen um das moderne China

Modern werden und zugleich die chinesische kulturelle Identität bewahren – einer der Vorreiter für diese Idee war der Gelehrte Wang Guowei (1877–1927), mit dessen Leben, Denken und Wirkungsgeschichte sich die vorliegende Studie befasst.
Wie viele Intellektuelle der ausgehenden Kaiserzeit spürte Wang die Notwendigkeit von Reformen, um Chinas Position gegenüber den fremden, vor allem den westlichen Mächten zu stärken. Im Gegensatz zu früheren Ansätzen, die entweder eine enge Anlehnung an die konfuzianische Tradition oder eine selektive Aneignung von Elementen der westlichen Zivilisation, insbesondere industrieller und militärischer Technologie verfolgten, setzte sich Wang für eine Wiederbelebung der traditionellen Kultur Chinas mit westlichen wissenschaftlichen Methoden ein. Somit gilt er als Mitbegründer der Disziplin der nationalen Studien (guoxue).
Aufgrund seiner Untersuchungen von Quellentexten wie Orakelknochen- und Bronzeinschriften mithilfe von Textkritik und Historiographie machte sich Wang Guowei einen Namen als Pionier der chinesischen Altertumswissenschaft. Er leistete einen maßgeblichen Beitrag zum besseren Verständnis der historischen und kulturellen Geographie der Westgebiete (Xiyu). Außerdem trat er als Vermittler der Philosophie Immanuel Kants hervor.
Der zweite Teil der Studie widmet sich der Wirkungsgeschichte Wang Guoweis auf dem Gebiet der chinesischen Historiographie, so auf den in Deutschland ausgebildeten Chen Yinque (1890–1969), den vor allem in Hongkong wirkenden Qian Mu (1895–1990) und die sino-amerikanischen Historiker Ray Huang (1918–2000) und Hsu Cho-yun (geb. 1930). Im Zuge der Reformpolitik in der Volksrepublik China erlangte Wang Guowei mit seiner Synthese aus kultureller Rückbesinnung und Integration westlicher Ideen neues Ansehen unter chinesischen Intellektuellen. Die vorliegende Monographie skizziert die intensive Beschäftigung mit Wang Guoweis Werk seit den 1990er Jahren. Eine Auswahl von wichtigen Texten Wangs in deutscher Übersetzung wird im Anhang vorgestellt.


“... Hu Qiuhua presents a complete and colourful panorama of China’s intellectual history in the 20th century, and she does so in a very convincing manner. The range of materials used, most of it written in Chinese, is impressive, and the author succeeds in extracting the main points and carefully examining the main ideas and lines of thought. Her book is well written and makes interesting reading for specialists as well as the general public. It not only introduces readers to one of China’s most fascinating figures of the early 20th century but also awards them with many insights into the birth of modern China from a crucial era that, for many intellectuals and free spirits, ended in tragedy.”

Volker Klöpsch in Journal of Asian History

Contents

Einführung

Kapitel I: Wang Guowei und die neue chinesische Wissenschaftskultur:
                Die Entstehung des guoxue 國學 -Konzepts

Kapitel II: Wang Guowei als Pionier der neuen chinesischen
                Altertumswissenschaft

Kapitel III: China, Deutschland und die Altertumswissenschaft: Chen Yinque
                als Fortsetzer des Geschichtsdenkens Wang Guoweis

Kapitel IV: Die Wirkungsgeschichte von Wang Guoweis Schaffen

Kapitel V: Wang Guowei, Hsu Cho-yun und die Frage nach einer
                chinesischen Modernisierung

Anhang I:
   Kurze Biographie von Wang Guowei

Anhang II:
   1. Die Erkenntnistheorie Kants (1904)
   2. Über die Einführung neuer wissenschaftlicher Begriffe (1905)
   3. Über die geistige Situation der Zeit (1905)
   4. Programmatisches Vorwort zur Zeitschrift Guoxue congkan (1911)
   5. Die neue Wissenschaft, die im China der letzten Generation
       entstanden ist (1925)

Literaturverzeichnis
Index und Glossar

 

Monumenta Serica
Monograph Series LXVII

ISBN 978-1-9096-6270-4 (hbk)
ISBN 978-1-315-54299-7 (eBook)
ISSN 0179-261X